Man kann die Einführung der Schulpflicht durch Friedrich den Großen in Preußen im Jahr 1717 als den Start der Erfolgsgeschichte Deutschlands als Industrienation bezeichnen. Und das zu einem Zeitpunkt als die Gesellschaft noch im Wesentlichen agrarisch geprägt war. Aus diesen Anfängen entwickelte sich ein Bildungssystem, das als das Beste der Welt bezeichnet werden kann.
Bis in die 1970er Jahre war das System dreigliedrig, nämlich Grund- und Hauptschule, Realschule und Gymnasium. Daneben existierten noch die Sonderschulen, die sehr spezialisiert auf die Anforderungen von behinderten Schülerinnen und Schüler eingingen. Für Lehrer gab es zu folgenden Behinderungstypen spezielle Ausbildungsgänge:
Geistigbehindertenpädagogik
Körperbehindertenpädagogik
Blindenpädagogik
Gehörlosenpädagogik
Schwerhörigenpädagogik
Sprachbehindertenpädagogik
Lernbehindertenpädagogik
Verhaltengestörtenpädagogik und
Taubblindenpädagogik
Diese Spezialisierung stellte sicher, dass gezielt auf individuelle Behinderungsgrade eingegangen werden konnte. Doch dann passierte etwas, was wir auch in anderen Politikbereichen erleben: Egal wie gut etwas funktioniert, die Politik findet stets Änderungsbedarf. Kritisiert wurde, das System sei zu starr und segregierend, die Schwächeren sollten nicht weggesperrt werden, sondern alle sollten gemeinsam beschult werden, die Idee der Inklusion war geboren. Im linken Gleichmachungswahn titelte man sofort sinngemäß „wir lassen keinen zurück“. Ja, Eltern können heutzutage inklusive Beschulung ihrer Zöglinge sogar einklagen.
Aus meiner Sicht ist das ein fataler Fehler, denn das Niveau in einer Klasse richtet sich grundsätzlich an den Schwächsten aus, schwache Schüler werden tendenziell überfordert und begabte Schüler leiden an Unterforderung. Darunter leidet der Bildungserfolg erheblich. Das kann man an den VERA 3 und 8 Ergebnissen sowie an den Pisastudien erkennen. Die Ergebnisse werden von Jahr zu Jahr schlechter. Inzwischen liegt in Heilbronner Berufsschulen der Anteil der Schüler ohne Abschluss bei 40 %. Aus meiner Sicht eine Kapitulation unseres Bildungssystems. Da Lehrer heute weitgehend kaum Disziplinierungsmöglichkeiten haben, haben diese resigniert und lassen auch Schüler durchkommen, die eigentlich hätten durchfallen müssen. Das Ergebnis ist, dass Schulnoten heute immer weniger Aussagekraft haben. Hinzu kommt, dass die Aufmerksamkeitsspanne heutiger Generationen immer weiter nachlässt, was auf den intensiven Konsum sozialer Medien zurückgeführt werden kann, wie Prof. Dr. Manfred Spitzer immer wieder betont. Besonders bei Kindern der Grundschule wirkt sich Handykonsum verheerend auf die Entwicklung kindlicher Gehirne aus.
Die Massenmigration seit 2015 hat dem System den Garaus gemacht, die Sprachdefizite migrantischer Schüler haben zur Einführung von Vorbereitungsklassen geführt bevor regelbeschult werden kann. Dennoch kennen die Deutschkenntnisse beim Lesen und Schreiben sowie Verständnis und grundlegende mathematische Kenntnisse nur eine Richtung. Das Problem betrifft schon lange nicht mehr nur migrantische Schüler, sondern inzwischen sind auch deutsche Schüler und Schülerinnen betroffen.
Als die neue Innenstadtschule in Heilbronn konzipiert wurde, wurde sehr häufig der Begriff Inklusion gebraucht, ich habe aber nicht einmal den Begriff Begabtenförderung gehört. Inzwischen fehlen Lehrer an allen Ecken und Enden, es werden auch Lehrkräfte ohne pädagogische Ausbildung eingestellt, weil es ohne die gar nicht mehr gehen würde. Diese Lehrer mögen pädagogische Raketen sein, aber sie können unmöglich auf alle Bedürfnisse von inklusiv beschulten Klassen eingehen. Wir müssen dringend zum alten Bildungssystem zurückkehren, wenn Deutschland noch die Kurve kriegen will. Wenn wir so weiter machen, werden Generation von Versagern herangezogen, die den Sozialsystemen auf der Tasche liegen werden.
Wer sich in dieses existenzielle Thema einarbeiten möchte, der sollte sich unbedingt die Vorträge von Prof. Dr. Anne Sliwka von der Universität Heidelberg ansehen und anhören.